Berufsbild der orthodoxen Religionslehrer/innen

1. Die kirchliche und pädagogische Dimension des Berufes der Religionslehrer/innen

Der Beruf der Religionslehrer/innen hat eine doppelte Dimension: eine kirchliche und eine pädagogische. Orthodoxe Religionslehrer/innen nehmen in ihrer Tätigkeit am Verkündigungsauftrag der Kirche teil. Daher benötigen sie die kirchliche Bevollmächtigung zur Verkündigung der christlichen Botschaft (Missio canonica). Sie wirken im Namen der Orthodoxen Kirche. Damit ihr Zeugnis glaubwürdig ist, soll ihre Lehre den Glauben der Kirche wiedergeben und ihr Leben den christlichen Geboten entsprechen. Sehr wichtig sind ihre Verwurzelung in einer orthodoxen Kirchengemeinde und ihre regelmäßige Teilnahme am gottesdienstlichen Leben und an den Aktivitäten der Gemeinde. Andererseits ist der Beruf der Religionslehrer/innen ein pädagogischer. Die Schüler/innen und ihre allseitige Entwicklung sollen im Zentrum der Tätigkeit im Lehrberuf stehen.

2. Anforderungen

Entsprechende berufliche Anforderungen ergeben sich durch die theologische und religionspädagogische Ausrichtung dieses Berufes. Neben den theologischen und pädagogischen Kenntnissen wird insbesondere gefordert: ein hohes Maß an beruflicher Motivation, psychische Stabilität, Selbstbewusstsein, sprachliche und soziale Kompetenz sowie weitere berufliche Voraussetzungen: Freude am Umgang mit Kindern und Jugendlichen, Verständnis und Offenheit für jugendliche Fragen, Probleme und Schwierigkeiten, Kooperationsbereitschaft, Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit,rhetorisches Können, Freude am Erklären und Lehren mitbringen, sowie Freude an lebenslangem Lernen und an Weiterbildung.

3. Der Inhalt des Religionsunterrichts

Orthodoxe Religionslehrer/innen unterrichten an Pflichtschulen sowie an mittleren und höheren Schulen Orthodoxe Religion. Der Inhalt des Religionsunterrichts wird durch den Lehrplan für den orthodoxen Religionsunterricht vorgegeben. Da die Lebenswelt der Schüler/innen mit all ihren Problemen und Fragen, mit Freude und Leid in ihrer Entwicklung ein wesentlicher Teil des orthodoxen Religionsunterrichts ist, soll auch diesem Bereich ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die Auswahl, Reihung und Gewichtung der diesbezüglichen Themen sind an den Erfordernissen der jeweiligen Klassensituation zu orientieren. Durch die Berufsausbildung soll der Ausgebildete befähigt werden, die nachfolgenden Lerninhalte kompetent und fachgerecht auszuführen.

In der Volkschule

erläutern die Religionslehrer/innen das Alte und das Neue Testament und interpretieren die zentrale Botschaft, die Grundbegriffe, wichtige Aussagen der Heiligen Schrift und der Überlieferung, entscheidende Phasen und geschichtliche Schlüsselereignisse, die für die Grundlagen des christlichen Glaubens von großer Bedeutung sind. Weiters vermitteln sie die Grundkenntnisse über die Grundsätze des christlichen Lebens und Glaubens und eine schrittweise Einführung in das sakramentale Leben der Orthodoxen Kirche. Darüber hinaus lehren sie die Bedeutung der hohen christlichen Feste (Weihnachten, Ostern, Christi Himmelfahrt, Pfingsten usw.) und leiten die Schüler zum Gebet an. Auch das Einüben von Kirchengesängen zählt zu ihren Aufgaben.

In der Sekundarstufe I

sind die Unterrichtsinhalte in jeder Klasse in drei Themenbereiche eingeteilt. Der erste Themenbereich „Berufung zur Heiligkeit“ ist das Hauptmotiv des Religionsunterrichts in den Klassen, wobei der psychologischen Situation und dem existentiellen Suchen der Jugendlichen in diesem Alter Rechnung getragen wird. Der zweite Themenbereich „Liturgisches Leben der Kirche“ hat die Aufgabe, den Schüler/innen ein Verständnis der durch die Heilige Überlieferung der Kirche geprägten Feste und Gebete zu vermitteln und ihnen die Sakramente der Kirche als die siebenfache Quelle der Heiligkeit näher zu bringen. Der dritte Themenbereich „Orthodoxe Spiritualität“ hat in der Diaspora-Situation vieler orthodoxer Christen in Österreich eine besondere Bedeutung. Dort, wo die Teilnahme am Gemeindeleben einer Pfarre wegen der großen Entfernung nur sehr eingeschränkt möglich ist, ist die Durchdringung des alltäglichen Lebens durch das persönliche und familiäre Praktizieren des orthodoxen Glaubens umso wichtiger.

In der Sekundarstufe II

sind die Unterrichtsinhalte in jeder Schulstufe ebenfalls in jeweils drei Themenbereiche eingeteilt. Der erste Themenbereich „Orthodoxie als Lebensweise“ hat die Aufgabe, den Schülern und Schülerinnen das Verständnis dafür zu vermitteln, dass sich orthodoxes Christsein im Leben vollzieht und in der Praxis verankert ist, und zwar im Gotteshaus und in der Gemeinde („Leben in der Kirche“) und in der gesamten Lebensgestaltung („Leben im Alltag“). Der zweite Themenbereich „Orthodoxer Glaube“ hat in den fünf Schulstufen der Sekundarstufe II das Heilswerk Gottes, die „Heilökonomie Gottes“, zum Inhalt. Der dritte Themenbereich „Orthodoxe Christen und Christinnen vor den Herausforderungen unserer Zeit“ soll schließlich die Kompetenzen der Schüler und Schülerinnen angesichts der heutigen Probleme der Gesellschaft sowie der Menschheit überhaupt fördern und gewährleistet die Lebensnähe und Aktualität des orthodoxen Religionsunterrichts in der Sekundarstufe II.

4. Voraussetzungen

Für den Religionsunterricht an höheren Schulen ist ein Theologisches bzw. religionspädagogisches Studium an einer Theologischen Fakultät (ab dem Studienjahr 2015-16 auch an der Universität Wien möglich) erforderlich.

Für den Pflichtschulbereich (Volks- und Hauptschule bzw. Neue Mittelschule, Polytechnische Schule) gibt es ein Studium für die Lehrberechtigung für Orthodoxe Religion an der KPH Wien/Krems. Voraussetzung: Matura oder Studienberechtigungsprüfung

5.Beschäftigung

Orthodoxe Religionslehrer/innen unterrichten Religion an Pflichtschulen sowie an mittleren und höheren Schulen Österreichs. Anstellungsmöglichkeiten sind derzeit vor allem in größeren Städten gegeben.

6. Fort- und Weiterbildung

Die Fort- und Weiterbildung der orthodoxen Religionslehrer/innen wird in Zusammenarbeit mit dem Orthodoxen Schulamt ebenfalls von der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems angeboten und organisiert.